Die E-61 Brühgruppe von FAEMA
Geschichte einer Innovation
Es gibt sie nicht häufig, bahnbrechende Entwicklungen die quasi unangetastet Jahrzehnte überdauern. Die Entwicklung der Espressotechnik lässt sich grob in drei Zeitalter unterteilen. Den Anfang macht Luigi Bezzera mit seinem Patent eines mit Dampfdruck arbeitenden Brühsystems, erstmals öffentlich vorgestellt und vermarktet im Jahr 1901.
Die riesigen, hoch aufragenden Boiler, war die beherrschende Technik der folgenden zwei Jahrzehnte. Im Jahr 1938, stellte der Barista Giovanni Achille Gaggia dier Entwicklung einer auf einem Kolbensystem basierenden Brühgruppe vor, die eine neue Dimension der Espresso Zubereitung einleitete. Zum ersten mal war es möglich Espresso mit einer konstanten Crema in kürzerer Zeit zu servieren. Zunächst betreibt Gaggia sein System nur in seiner eigenen Bar in Mailand, erst im Jahr 1948 wurde die Firma Gaggia gegründet und verkaufte innerhalb weniger Jahre Maschinen in aller Welt. In den 1950'er wurde das Kolbensystem noch mit Federn ergänzt, somit war der Barista nicht mehr gezwungen während des gesamten Bezug an der Maschine zu stehen. Da sich die Technik nicht wesentlich weiterentwickelte, überboten sich die Hersteller im Design u.a. durch die vielen Metallfacharbeiter und Spengler, die aus dem Krieg zurückkehrten.
Der Umbruch folgte dann in den frühen 1960'er Jahren. Der Ingenieur Ernesto Valente, entwickelte für FAEMA eine Maschine, die wirklich alles verändern sollte. Erstmals wurde der benötigte Druck nicht mehr mechanisch erzeugt, sondern über eine elektrische Pumpe. Teil der Neuentwicklung war auch ein getrenntes System für Kaffee und Dampf, durch einem in den Kessel integrierten Wärmetauscher. Die erste Maschine mit dem neuen System wurde nach der im Jahr ihrer Vorstellung stattfindenden Sonnenfinsternis, Eclisse 1961 benannt. Die legendäre FAEMA E61 war geboren und mit ihr, der neue Maschinen Typ Zweikreiser.
Die FAEMA E61 Brühgruppe im Detail
"E61" ist der Modellname einer Espressomaschine der italienischen Firma FAEMA. Sie wurde 1961 (E61 - Eclipse 1961 nach der im gleichen Jahr stattfindenden Sonnenfinsternis) im modifizierten Gehäuse des älteren Modells "President" und im heute nicht mehr so bekannten deutlich "eckigeren" Gehäuse "Diplomatic" auf den Markt gebracht.
Faema führte mit dem Modell E61 als erste halbautomatischer Espressomaschine gleich mehrere bahnbrechende Innovationen in die Espressomaschinentechnik ein, bis heute verwendet werden und in ihrer Tragweite wohl nur vergleichbar sind mit der Entwicklung der Handhebelmaschinen durch Gaggia.
Die E61 war die erste Zweikreismaschine mit Wärmetauscher. Für die Kaffeeerzeugung wurde statt "totes" Kesselwasser jetzt Frischwasser verwendet. Der Druck wurde mit einer elektrischen Rotationspumpe, statt des sonst üblichen Hebels erzeugt. Als Nebeneffekt konnte die Maschine so auch ohne Anschluss an die Wasserleitung aus einem Tank betrieben werden.
Das äußerlich hervorstechendste Merkmal war die große, ca. 6 Kilo schwere, aus massivem Messing gefertigte und verchromte Brühgruppe. Intern war sie so konstruiert, dass sie ständig mit zirkulierendem Heißwasser beheizt wurde - welches über einen Wärmetauscher innerhalb des Kessel über ein Thermosyphonsystem (ähnlich einer Warmwasserheizung) gespeist wurde. Bei der Espressobereitung sorgt eine Mechanik aus Federn, Exzentern und Expansionshohlräumen für eine sofortige Druckentlastung der Brühgruppe nach Bezugsende und eine sogenannte Vorbrühung (Preinfusion).
Vorbrühung bedeutet, dass nicht sofort Heißwasser unter Hochdruck auf den gepressten Kaffee geleitet wird und somit die Pressung zerstört, sondern das Wasser über die Preinfusionsmechanik mit erheblich niedrigerem Druck am Kaffee ankommt, diesen leicht durchtränkt und so Zeit zum Aufquellen gibt. Der danach einsetzende Hochdruck (ca. 9 bar) trifft nun auf einen vorgequellten, stabileren "Kaffeepuck", der besser extrahiert werden kann. Auch die alten Handhebelmaschinen arbeiteten mit Vorbrühung, aber aus mechanischen Gründen. Die Federvorspannung und der Weg sorgten für eine sanfte Befeuchtung des Kaffeemehls. Der E61 Brühkopf sollte diese Vorbrühung ebenfalls haben, die Vorbrühzeit beim Handhebel war hier aber als Wegstrecke eingebaut, dessen Zeitdauer von 4-6 Sekunden fest eingestellt war. Bei Bedarf wurde die Preinfusion durch Festhalten in einer mittleren Hebelstellung einfach verlängert. Es kamm also auf Kraft, exaktes Timining und Erfahrung des Baristas an - Das Ergebnis konnte sowohl sensationell oder auch ernüchternt sein. Bei 10 Brühprozessen kamen auch 10 verschiedene Ergebnisse heraus... Das konnte die E61 Brühtechnologie viel besser!
Der Erfolg der E61 erklärt sich in erster Linie durch das Ersetzen des kräftezehrenden und teilweise unfallträchtigen Handhebels und die starke Steigerung der Arbeitsgeschwindigkeit, hervorgerufen durch die Automatisierung des Brühprozesses. Die Maschine löste damit die bis dahin vorherrschenden großen Handhebelmaschinen ab und dominierte die Espressobars in den 60er und 70er Jahren und führte weltweit zu einer starken Verbreitung der Espressomaschinen insgesamt.
Die E61 wurde bis 1966 in einer Auflage von vielen tausend Stück hergestellt und schliesslich durch die Modelle E64 und E66 Diplomatic abgelöst, die äußerlich deutlich stärker die kubischen Gestaltungsformen der späten 60er Jahre zeigten und neben einer veränderten Brühgruppe eine vergrößerte obere und untere Tassenablage und einen zeitgesteuerten und damit vollautomatischen Espressobezug auf Knopfdruck besaßen.
Als Ende der 90er Jahre das Patent auslief, erlebte die Brühgruppe als Nachbau eine Renaissance bei Gastronomiemaschinen und Haushaltsmaschinen aus dem semiprofessionellen Bereich. Häufig wird der Begriff "E61" daher mit einer Espressomaschine gleichgesetzt - bezeichnet aber nur die Konstruktion und Funktion der Brühgruppe.
Zur Feier des 40jährigen Firmenjubiläums brachte Faema 2001 selbst unter den Namen "E61 Jubile" und "E61 Legend" eine Zweikreismaschine heraus, die äußerlich weitgehend die gleiche Gehäuseform wie die historische Faema E61 zeigt. Bis auf die Brühgruppe wurde die Technik allerdings modifiziert und u.a. ein kleinerer Kessel und optimierte thermische Wege, für bessere Temperaturstabilität.
Auch heute noch ist die massive E61 Brühgruppe ein Garant für hochwertige Extraktionstechnik und gute Temperaturstabilität. Optimiert durch digitale Temperaturregelung PID und immer häufiger auch Dualboiler-Systemen hat die E61 einen festen Platz in der modernen Kaffeemaschinen Kultur.